Willkommen im Land der Dysthymie und Depression!

Schlagwort: Erfahrung

Reha-Start

Heute startete meine Reha in der gleichen Klinik wie zuletzt, als ich aufgrund von Corona die Reha abbrechen musste. Die Anreise war jedoch eine andere: Beim letzten Mal fuhren mich mein Papa und meine Stiefmama, dieses Mal nahm ich die Bahn. Meine ersten Eindrücke.

Holpriger Reha-Start dank Bahn

Mit dem Bus zum Bahnhof in Bad Kreuznach – einwandfrei geklappt. Der Busfahrer wollte jedoch, dass ich ein Ticket bis zum Bahnhof kaufte. Der Reisekostengutschein von der Deutschen Bahn wäre nicht gültig. Auf die Schnelle habe ich noch keine Info darüber gefunden, ob das stimmt (will ich ja wegen meiner Rückreise wissen) oder ob bei diesem Ticket auch die Busfahrt inklusive ist, so wie es bei einem Bahnticket z. B. von Mainz nach Bad Kreuznach ist.

Aber das war das kleinere Übel. Es war unheimlich kalt heute Morgen – und der Zug von Bad Kreuznach nach Hochspeyer hatte Verspätung. Der Anschlusszug fuhr mir direkt vor der Nase weg, der nächste Zug hatte laut Ansage und Anzeige erst Verspätung, dann fiel er komplett aus. Immerhin klappte dann die alternative Alternative und ich landete in Neustadt an der Weinstraße. Ab jetzt klappte es dann: Umstieg in Neustadt, Umstieg in Winden, Ankunft in Bad Bergzabern. Dort holte mich ein freundlicher Mitarbeiter der Klinik mit einem Buschen ab.

Ankunft in der Klinik

Beim ersten Anlauf war ich überwältigt von der Masse an Informationen. Dieses Mal war es angenehm, bereits einiges zu wissen. Ich kenne die Anordnung der Gebäude, einige Namen, einige Abläufe… Puh, eine Erleichterung für mein schnell überlastetes Gehirn.

Die Celenus Parkklinik liegt etwas außerhalb von Bad Bergzabern, zu Fuß ist der Ort jedoch relativ schnell zu erreichen. Genauso wie der Wald, der direkt vor der Haustür ist. Nun ja, und hier herrscht ein Funkloch. Das W-LAN der Klinik, für das man einen Voucher kaufen muss, ist sehr langsam. Aber so lange ich hier an der Homepage weiterarbeiten kann, ist mir das egal. Dann sitze ich halt im Gruppenraum, tippe, während andere fernsehen.

Der Empfang war sehr freundlich, die Co-Therapeutinnen (so werden die Schwestern hier genannt) humorvoll, meine Therapeutin und Ärztin vom letzten Mal habe ich wieder… Sehr gut. Die erkannten mich sogar wieder!

Einen Unterschied gibt es gegenüber dem letzten Mal, außer dass wir uns hier jetzt maskenfrei bewegen können: In einigen Fluren liegen Stromkabel. Mein Chauffeur zur Klinik erzählte mir, dass es vor einigen Wochen einen Brand gab. Eine Meldung darüber im Presseportal der Polizei Rheinland-Pfalz: Brand in Klinikgebäude

Die Zimmer hier sind sehr schön. Und das Mittagsessen schmeckte richtig gut: Waldpilzcremesuppe, dann Reis mit Gemüse, schärfer gewürzt. Zum Nachtisch gab es einen gefüllten Kreppel. Nee, keinen Krapfen oder Berliner, ich futtere Kreppel! 😉

Und nun verabschiede ich mich, denn morgen startet mein Reha-Programm richtig. Ein Glück – die ganzen Einführungsveranstaltungen muss ich nicht mehr durchziehen, nur einen Teil.

Corona-Zeit und meine Depression

Verstärkte die Corona-Zeit meine Depression, so wie es einigen Menschen ging? So, wie es die Querschwurbler als eine der Begründungen gegen die Maßnahmen nannten? Obwohl wir psychisch Erkrankten garantiert vorher nur unter „Irre“ oder „Wehleidige“ bei ihnen fielen.

Nein, bei mir verstärkte die Corona-Zeit mit ihren Lockdowns und anderen Maßnahmen nicht nicht meine Depression. Das gleich zum Anfang. Ausgerechnet die Corona-Zeit erleichterte mir vieles und zögerte so bei mir den Totalzusammenbruch hinaus.
Doch weshalb habe ich eine vollkommen andere Erfahrung als andere Menschen?

Die Corona-Zeit half mir beim Studium

Oktober 2016 startete ich „nebenher“ mein Studium mit dem Kenfach Erziehungswissenschaft und dem Beifach Kunstgeschichte. Nebenher = ich ging weiterhin arbeiten und versuchte, das Studium da einzupassen. Für Bafög sind Menschen über 35 zu alt. Genauso wie für die studentische Krankenkasse, wodurch die Option Werkstudent bei mir ebenfalls flach fiel. Also arbeiten und versuchen, möglichst nach Feierabend Veranstaltungen besuchen. An Prüfungstagen und wenn es gar nicht anders ging, musste ich frei nehmen. Vor der Corona-Zeit.

Die Lockdowns, der erste startete am 16. März 2020, verschoben die Veranstaltungen ins Internet. Keine Zugfahrten mehr nach Mainz, kein extra frei nehmen – auch mitten am Tag war es plötzlich für mich möglich, teilzunehmen. Ich musste einfach nur meinen Tablet mit zur Arbeit nehmen und mich dann für die knappe Stunde, länger dauerten die Onlineveranstaltungen meist nicht, zurückziehen. Das war dann meine Mittagspause oder ich hängte einfach die Zeit dran und hatte später Feierabend.

Für mich war das also eine zeitliche und finanzielle Erleichterung. 2021 konnte ich dann mein Studium abschließen – inklusive mündlicher Prüfung, der „Verteidigung“ meiner Bachelorarbeit, die per Videochat stattfand.
Dank Corona-Zeit mit Lockdowns war ich somit auch schneller als befürchtet fertig.

Corona-Zeit und Privatleben

Privatleben? Welches Privatleben? Ach, das Leben fernab vom Studium und Hausarbeit? Mit anderen Menschen?

Ich denke, ich gehörte noch nie zu den Leuten, die nonstop mit anderen zusammenhängen mussten. Viele meiner Hobbys kann ich sehr gut alleine ausüben, bei einigen stören andere sogar. Malen, schreiben, lesen, Musik hören… Als ich dann mit dem Studium startete, schrumpfte die eigentliche Freizeit ohnehin und wenn ich mal nichts zu tun hatte, schlief ich meistens sogar nur noch.

Die Lockdowns brachten mir dementsprechend auch hier eine Erleichterung: Wenn man sich nicht treffen darf, dann fragt auch keiner. Keine Ausrede notwendig.
Beim Einkaufen waren weniger Menschen unterwegs. Menschenmengen mag ich ohnehin nicht, also auch hier eine Erleichterung. Die Busse waren nicht mehr ständig überfüllt – Erleichterung. Plötzlich war ich irgendwie „normal“, wenn ich meist alleine rumhing. Keine Erklärung benötigt.

Ich fühlte mich also kein Bisschen eingeschränkt durch die Corona-Maßnahmen.

Corona-Zeit und Arbeitsleben

Selbst auf der Arbeit war es für mich weniger stressig. Klingt fies, ich weiß. Ich unterrichtete, war Jobcoach und pädagogische Mitarbeiterin, die also auch bei Schwierigkeiten versuchte, weiterzuhelfen. Der Unterricht schrumpfte auf Fernunterricht oder, später, auf kleinere Gruppen bzw. Einzelunterricht. Genauso wie die pädagogische Arbeit. Es war bei uns also viel weniger „Publikumsverkehr“.

Manche Kollegen vermissten den normalen Wahnsinn, andere genossen die ruhigere Zeit ebenso. Und ich? Tja, ich war ohnehin schon fertig, stark depressiv und fühlte mich immer heftiger ausgelaugt. Die „Überdosis Mensch“ hatte ich mir im Grunde bereits vor Beginn des Studiums geholt, mit Arbeit und Studium leerte ich dann noch meinen Akku kontinuierlich. Den leerte ich so, dass ich denke, dass er mittlerweile vollends beschädigt ist. Dummerweise kann ich keinen neuen bestellen, so wie es bei einem Handy oder Laptop möglich ist.

Corona-Zeit und meine Depression

Deshalb denke ich, dass das Ende der Lockdowns dann bei mir das Rädchen war, das meine ohnehin bestehende Depression verschlimmerte.Wegen dieser hatte ich ja bereits Ende 2019 zum ersten Mal Hilfe geholt – also vor den Lockdowns. Und etliche Jahrzehnte zu spät, wenn ich mir verdeutliche, dass ich erste Suizidgedanken schon mit 11 oder 12 Jahren hatte.

Ohne Lockdown stürmte alles wieder auf mich ein. Viel mehr Lärm überall, viel mehr Menschen überall, Gedränge, Hektik, wieder Leute auf Kuschelkurs beim Einkaufen, auf der Arbeit nonstop Gespräche (damit meine ich auch welche, die nicht ich führte)… Zu viel Mensch überall, ganz einfach.

Im Moment bin ich stabiler, doch mein Akku läuft nach wie vor schnell leer. Ich halte kaum andere Menschen aus, wenn dann nur in kleineren „Dosen“, von denen ich mich meist erholen muss. Für mich persönlich herrscht also immer noch so eine Art Lockdown-Zeit, obwohl ich im Grunde Menschen mag.

Ob ich jemals wieder in „meinem“ Beruf arbeiten werde? Das bezweifele ich. Vermutlich war es schon vorher nicht das Richtige für einen Menschen, der eher introvertiert ist und durch Selbstisolation Kraft tankt.
Wohin dann meine Reise geht? Ich habe keine Ahnung. Das werde ich herausfinden. An erster Stelle steht für mich erst einmal: stabil werden.

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