Früher oder später stolpern Hilfesuchende über Gesprächsgruppen. Ob sie, wie in der Reha-Klinik in Bad Bergzabern „Basisgruppe“ genannt wird, oder „Offene Gesprächsgruppe“ wie in der PIA des DRK Bad Kreuznach, ist gleich. Es handelt sich um Gruppen, in denen sich Betroffene unterhalten können.
So weit so gut – aber artet das nicht in Gelaber aus? Oder kann mich das herunterziehen, wenn ich anderen bei ihren Problemen zuhören soll, obwohl ich doch selbst genug habe? Zumindest war das meine erste Befürchtung, als ich davon hörte.

Wie läuft eine Gesprächsgruppe ab?

Zunächst vorneweg: Eine gute Gesprächsgruppe hat eine Leitung. Das kann ein*r Sozialarbeiter*in sein, Psycholog*in oder andere Person, die dafür qualifiziert ist. Die Leitung achtet darauf, dass alle zu Wort kommen, die wollen, dass der Dialog der Beteiligten wertschätzend und vor allem wohlwollend abläuft.

Gewöhnlich können alle Beteiligten zu Beginn der Sitzung ein Thema vorschlagen, das persönlich gerade beschäftigt, bei dem Hilfe benötigt wird usw. Danach wählt die Gruppe ein Thema aus, wobei es meist sogar so ist, dass sich Themen verbinden lassen oder alle bereits beim ersten Vorschlag feststellen, dass es sie ebenso betrifft.

Danach schildert die Person (oder die Personen) detaillierter ihr Problem, damit es für alle nachvollziehbar ist. Oft folgt nochmals eine Art Kurzzusammenfassung oder eine konkrete Frage der Leitung, um mögliche Unklarheiten auszuräumen – und dann beginnt der Gruppendialog. Alle dürfen ihre Sicht oder Erfahrungen, ihre Ideen einbringen, nachfragen usw. Gemeinsam wird also eine mögliche Lösung bzw. meist mehrere Lösungsansätze erarbeitet. Und ja, es ist Arbeit. Genau so, wie eine Projektgruppe an einem beruflichen Problem arbeiten würde.

Die Gruppenregeln

Es gibt einige Gruppenregeln, die ich als sehr wichtig ansehe. Allem voran die Regeln: Was in der Gruppe besprochen wird, das bleibt in der Gruppe. Das ist wichtig, damit eine Vertrauensbasis entsteht und sich alle öffnen können.
Ebenso wichtig finde ich es, dass nacheinander gesprochen wird und nicht durcheinander. Exkurse sind möglich, doch das Gespräch bleibt beim Hauptthema.

Alle sind gleichberechtigt und gleich gut, niemand „gewinnt“ eine Debatte. Das ist ja so etwas, das mich bei den normalen Gesprächen so nervt… Hier gibt es keinen Wettbewerb, wer besser ist oder wer kränker ist.
Jede*r darf seinen Teil einbringen.

Der Grundton ist wertschätzend und wohlwollend, was bedeutet, dass Probleme nicht kleingeredet werden. Was für dich locker machbar ist, kann für die andere Person ein Riesenberg sein. Und umgekehrt! Hier behauptet auch niemand, dass eine Depression ja nichts ist.

Auch wichtig: Die Annahme von Löungen und Vorschlägen bzw. die Umsetzung ist Sache der Person, deren Problem das ist. Diese Person ist Experte für das eigene Leben. Niemand kann dementsprechend Vorschriften machen oder böse sein, wenn ein Vorschlag für die andere Person nicht passt. Und ja, das ist okay.
Wie oft warst du schon davon genervt, dass andere angeblich alles besser wissen und sauer reagieren, wenn du dich anders entscheidest? Ratschläge sind dann plötzlich Schläge – genau das soll hier nicht sein. Du entscheidest, niemand sonst.

Hilft so eine Gesprächsgruppe?

Das muss jede*r natürlich für sich entscheiden. Damit so eine Gruppe für mich wirklich hilfreich ist, benötige ich einige Voraussetzungen. Die Gruppenregeln gehören dazu, ebenso jedoch auch Sympathie und vor allem möglichst ein Gesprächskreis, dessen Zusammensetzung bleibt. Ständige Mitgliederwechsel stören mich beim Öffnen.

In „meiner“ Gruppe bleiben die Leute, wir kennen uns also bereits eine Weile. Schön ist es, wenn z. B. Rückmeldungen kommen, die Fortschritte verdeutlichen. Hilfreich, wenn auf Entwicklungen in die falsche Richtung hingewiesen wird. Angenehm ist es, dass alle betroffen sind, alle wissen, dass sie sie sein dürfen und sich auch Freundschaften entwickelt haben.

Die Leiterin unserer Gesprächsgruppe ist obendrein top – hat Erfahrung, besitzt Empathie und eine erfrischende Art. Außerdem weiß sie, wie sie Lösungen aus uns herauskitzelt.

Mir hilft meine Gesprächsgruppe sehr. In der Reha fand ich es hingegen gewöhnungsbedürftig, was an den anderen Bedingungen lag (wechselnde Teilnehmer, wechselnde Leitung). Am besten also selbst ausprobieren – notfalls mehrere, wenn möglich!